Ayra -fast ein ganzes Leben hinter Gittern

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Am 13. Dezember 2021, kurz vor Weihnachten, ging bei unserer aktiven Vereinshelferin Sandra ein Hilferuf aus Castrop-Rauxel ein.

Herr R. berichtete von seinem Freund, der durch einige schwere Schicksalsschläge dem Alkohol verfallen war und auch körperlich durch Rückenprobleme und eine kaputte Hüfte so stark eingeschränkt sei, dass er sich nicht mehr ausreichend um seine schon zwölfjährige Hündin kümmern könne.

Gott sei Dank wäre der Besitzer aber bereit, sich von Aira zu trennen und wünsche sich ein gutes Zuhause für sie.

Das Haus und das Grundstück auf dem beide lebten, würde bald zwangsgeräumt und somit drohte beiden die Obdachlosigkeit.

Sandra vereinbarte umgehend einen Termin vor Ort, um sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen.

Dort angekommen kam ihr sofort eine zurückhaltend vorsichtige, aber freundliche Hündin entgegengelaufen. Ihr Fell war auffallend ungepflegt und stark verfilzt. Im Bereich ihrer Schnauze und um die Augen herum, hatte Ayra einen starken Milbenbefall. Insgesamt sah sie schon sehr schlank aus.

Ihre Behausung, der Zwinger, bot ein Bild des Grauens. Er war komplett verkotet und es roch beißend nach Urin. Alle vorhandenen Näpfe waren total verdreckt, umgekippt und leer.

Sandra und Herr R. sorgten sofort für Futter, frisches Wasser und reinigten den Zwinger.

Durch weitere Gespräche mit dem Besitzer wurde klar, dass Ayra in diesem Zwinger geboren wurde. Sie lebte und bewegte sich ausschließlich auf dem Grundstück oder in unmittelbarer Nähe. Da sie schon jahrelang nicht mehr ausgeführt wurde, stellte selbst das Anleinen ein Problem dar, welches erst wieder erlernt werden musste. So konnte man nicht einmal einen Spaziergang mit ihr unternehmen, um sie aus der Isolation zu holen und ihr die Welt da draußen zu zeigen. Deshalb kannte sie Artgenossen nur durch am Garten vorbei laufende Hunde.

Herr R. und Sandra versorgten in den kommenden Tagen abwechselnd Mensch und Tier vor Ort.

Doch dann stürzte Ayra`s Besitzer auch noch so schwer, dass er nicht mal mehr das Haus verlassen konnte um den Zwinger zu öffnen. Es wurde klar, dass beide -Herrchen und Hündin- dringend Hilfe und ein neues Zuhause brauchten. Das würde nicht leicht werden, denn wer übernimmt schon eine 12jährige Hündin?!

Sofort zündeten wir ein Lauffeuer an Vermittlungsarbeit. Alle Tierschutzkontakte wurden aktiviert, es wurden Aufrufe geteilt und weitergeleitet, es folgten unzählige Anrufe, Sprachnachrichten und Emails.

Bei einem der unendlichen Telefonate hatte Sandra plötzlich Tatjana am anderen Ende der Leitung, die sie zufällig erst vor ein paar Wochen auf einer ihrer Hunderunden kennengelernt hatte.

Sie ist zwar für einen anderen Tierschutzverein tätig, bot aber sofort aktive Hilfe an und hat sich ebenso rührend um Ayra`s Versorgung vor Ort eingesetzt. Sie übernahm meistens die Nachtschichten, brachte Futter, Leckerchen und frisches Wasser, da das Wasser vor Ort schnell eingefroren war und stopfte Stroh in und unter die Hundehütte. Sie versuchte mit Decken den Zwinger gegen eindringende Kälte und Wind zu schützen. Wir taten wirklich alles, um es Ayra in ihrer Behausung so erträglich wie möglich zu machen.

Parallel dazu schalteten wir aufgrund der drohenden Obdachlosigkeit das Ordnungsamt ein, um auch dem Besitzer zu helfen. Die Beamten aus Castrop-Rauxel vom Fachbereich Migration und Obdachlosigkeit kamen tatsächlich schon am nächsten Tag und brachten alle möglichen Schritte auf den Weg. Auch sie waren von Ayras Schicksal sehr gerührt und schlossen sie sofort in ihr Herz.

Für Ayras Besitzer riefen sie aufgrund seines gesundheitlichen Zustands einen Krankenwagen und ließen ihn ins Krankenhaus einweisen. Inzwischen wurde er dort operiert und bekam endlich sein so dringend benötigtes Hüftimplantat.

Für Ayra ging die Suche nach einem neuen Zuhause mit Hochdruck weiter. Die Zeit drängte, denn sie war ja nun ganz alleine auf dem Grundstück und die Nächte wurden immer kälter, so daß das Ordnungsamt uns ein zeitliches Limit gesetz hatte. Wir hatten nur noch einen Tag Zeit, die süße Maus zu vermitteln! Dies schien ein unmögliches Unterfangen zu sein. Würde uns dies nicht gelingen, würde das Veterinäramt die Kleine ins Tierheim bringen. Dies durfte auf keinen Fall passieren.

Glücklicherweise hatte eine befreundete Tierschützerin aus Oberhausen eine Zeitungsannonce in ihrer Stadt geschaltet, worauf hin sich auch ein Ehepaar für Ayra meldete. Sie waren sehr spontan und wir vereinbarten ein sofortiges Treffen vor Ort. Dort angekommen verguckten sie sich sofort in die Hundedame und brachten sie gemeinsam mit Sandra in ihre Pflegestelle, die ebenerdig ist und einen hoch eingezäunten Garten und Wintergarten hat. Alles war dort erstmal okay, bis die Dunkelheit anbrach…

Ayra vermisste wohl ihren altbekannten Zwinger und zeigte sich im Wohnraum und im Wintergarten völlig unruhig. Sie rannte wie ein Tiger im Käfig hin und her, sprang zum Entsetzen der Leute die Fensterscheiben hoch und räumte alles, was ihr den Weg ins Freie versperrte, bei Seite. Es eskalierte derart, dass die Fenster mit einer dicken Pappe zugeklebt werden mussten. Diese aus der Not entstandene Maßnahme brachte zumindest in den ersten Nächten etwas Ruhe in die Situation.

Da Ayra vorher noch nie im Haus lebte, war sie leider auch nicht stubenrein (was sie aber nach wenigen Tagen gelernt hat). Umso besser konnte man auf den hellen Wohnzimmerfliesen feststellen, dass sie Blut im Urin hatte -Blasenetnzündung. Diese wurde antibiotisch behandelt und die Therapie schlug zum Glück schnell an.

Man übte im neuen Zuhause das Anleinen sowie das Spazierengehen und Ayra lernte sehr schnell. Das Leben im Haus gefiel ihr zunehmend besser und sie konnte sich langsam entspannen.

Doch es gab Vergesellschaftungprobleme mit der Katze. Dies führte zu großen Verunsicherungen ob Ayra nun für immer bleiben könne oder man sich doch besser wieder von ihr trennt. Da wir Ayra ja nur ganz kurz kannten, hatten wir im Vorfeld kaum Informationen über sie. Hinzu kam auch, dass selbst der ehemalige Besitzer kaum Fragen in Bezug auf Artgenossen oder auch Katzen beantworten konnte. Ayra kannte eigentlich nichts anderes als ihren Garten und Zwinger.

Es kam Anfang Januar 2022 aber noch schlimmer…

Ayra fraß plötzlich nicht mehr gut und machte auch insgesamt einen sehr matten Eindruck. Es folgten weitere Tierarztbesuche, eine Blutuntersuchung und ein Ultraschall vom Bauchraum. Dann kam die Horrordiagnose: Gebärmutter- und Mammatumore wurden gefunden!

Trotz ihres hohen Alters von 12 Jahren, wollten wir Ayra die Chance auf ein paar schöne Jahre im neuen Zuhause nicht verwehren und entschieden uns für die OP. Am 12. Januar lagen die Nerven aller Beteiligten blank. Wir hofften und bangten um das ohnehin schon angeschlagene Hundemädchen. Diese Operation ist nun mal kein leichter Eingriff in diesem Alter.

Großes Aufatmen kam nach der Entwarnung des Tierarztes der sagte „Aira hat alles gut überstanden und ist den Umständen entsprechend gut zurecht“.
Die Kosten für die OP und die Nachsorge beliefen sich auf rund 1.500 Euro und wurden von KIS Ruhr e.V. übernommen.

Ayra erholte sich langsam von der OP. Leider findet durch die Kastration nun auch noch eine Hormonumstellung statt, die sie verkraften muss. Durch die intensive Krankenversorgung hat sich die Kleine so tief in die Herzen ihrer Pflegemenschen geschlichen, dass sie sich trotz aller anfänglichen Schwierigkeiten nicht mehr von der liebenswerten Hundedame trennen können.

So konnten wir am 06.02.2022 nach einem langen Besuch und einem schönen gemeinsamen Spaziergang mit Ayra und ihrem neuen Herrchen den endgültigen Schutzvertrag abschließen.

Der eigentlich anstehende Jahresurlaub wurde von den neuen Besitzern zu Ayra`s Gunsten verschoben, damit sie dort noch besser in aller Ruhe ankommen kann. Die Zusammenführung mit der Katze hat sich enorm gebessert und man arbeitet auch noch weiter daran.

Ayra`s Geschichte ist ein Paradebeispiel dafür, wie gut etwas klappen kann wenn die richtigen Menschen an einem Strang ziehen und nicht einfach weg sehen, wenn es unangenehm oder stressig wird.

Danke an Herrn R., der nicht locker gelassen hat um HIlfe für für Ayra Hilfe zu bekommen. Ohne seinen Einsatz gäbe es Ayra und vielleicht auch ihren ehemaligen Besitzer nicht mehr. Bis heute kümmern er und seine Frau sich um den vom Weg abgekommenen Freund.

Sie haben NICHT WEGGESEHEN!

Danke an Tatjana, die sich bei Wind und Wetter zusammen mit Sandra um Ayra`s Versorgung vor Ort gekümmert hat. Die ihre Zeit geopfert, ihren Sprit verfahren hat und so manche Stunden in Ayra`s Zwinger gefroren hat, um einfach nur bei ihr zu sein.

Schön, dass man auch vereinsübergreifend so tolle Teamarbeit leisten kann! DANKE !!!!